Wenn mir jemand vor einem Jahr gesagt hätte: „Du packst jetzt deine Tasche und bist für 3 Jahre unterwegs! Reitest mit eigenem Pferd auf eigene Faust durch die Mongolei, trampst durch Südkorea und teilst dir auf den Philippinen mit einer Kakerlake das Zimmer!“ Vermutlich wär ich nie losgezogen. Ganz sicher wär ich nicht los. Für verrückt hätte ich die Person erklärt, das Vorhaben für lebensmüde. Auch wenn mich das Abenteuer sicher gereizt hätte. Zugetraut hätte ich es mir nicht. Und dann ist da noch diese Ewigkeit von DREI Jahren. Drei Jahre nicht in Hamburg, in meiner Wohnung und noch viel schlimmer, nicht bei meinen Freunden. Unvorstellbar.
Warum bin ich dann doch los? Und wie konnte ich genau diese verrückten Abenteuer alle unternehmen? Wo kam der Mut auf einmal her? – Die kleinen Schritte waren es. Ich hab nicht einmal richtig darüber nachgedacht, wie lang ich weg sein könnte. Nur der Gedanke, jeden Tag zu entscheiden, worauf ich heute Lust habe, der hat mich angetrieben. Tag für Tag, Schritt für Schritt.
Nichts ist festgelegt, ich muss nirgends durchhalten. Ich muss noch nicht einmal die ganze Zeit reisen. Kann mich ja auch einfach am Strand niederlassen, wenn mir danach ist. Oder in einer Stadt, die mir gefällt. Das Ziel ist nicht Weltreise, sondern Bauchgefühl folgen. Also einfach nur einen kleinen Schritt nach dem anderen machen. Und mit dem Bus bis Stettin ist nun wirklich keine große Sache.
Sollte ich nun eines Tages aufwachen, und meine heutige Laune sagt: „Ich will nach Hamburg“, dann mach ich es einfach. Es kann mich ja nichts davon abhalten, in den Flieger zu steigen und nach Hause zu fliegen. Vielleicht braucht es 48 Stunden – oder ein paar mehr – aber dann bin ich zurück. Einfach so. Keine große Sache.
Groß ist hingegen mein Ziel: die Erfahrung, was passiert, wenn ich völlig frei entscheiden kann. Und alles was ich dadurch schon erleben konnte. Zumindest empfinde ich es als etwas Großes, das ich mir nie erträumt habe. Das mich so unglaublich bereichert. Klein – und damit machbar – die einzelnen Schritte.
Sich die Freiheit zu gestatten, nicht alles vorgeplant, durchdacht und vorbereitet zu haben, fällt manchem Stämmigen der deutschen Kultur zugegeben nicht so leicht. Hat man doch gern alles unter Kontrolle und fühlt sich erst erwachsen und professionell, wenn man alles über- und durchblickt hat. Funktioniert nicht. Nicht auf Reisen. Zumindest verpasst man damit genau das, was Reisen so unglaublich bereichernd macht. Spontanität, Neues, Überraschungen, Begegnungen und die Hilfe anderer.
Wenn das nächste Mal eine Aufgabe, egal in welchem Kontext, wieder einmal viel zu groß scheint, werde ich alle Detailplanungen und theoretische Abhandlungen sein lassen – mir also keinen Kopf machen – sondern den ersten kleinen Schritt. Richtung Ziel.
2 Kommentare
KommentierenDas hilft mir in meinem Vorhaben. Danke für das Gedankengerüst. Mut haben und den ersten Schritt machen, statt lange sich von irgendwelchen hypothetischen Gedanken aufhalten zu lasse.
Wow, knackig und auf den Punkt zusammengefasst 🙂 Gutes Gelingen und Freude bei deinem Vorhaben, beim ersten Schritt…