Der Plan: 4-5 Tage wandern und (wild) campen. Und natürlich Bären sehen. Natürlich. Na gut, der Teil stand in der Tat eher auf der Wunschliste der anwesenden Männer.
Dennoch waren die paar Tage in Irkutsk toll. Mit fünf Mann im Hostel eingefallen (ich hätte eigentlich Provision bekommen müssen für 4x Kunden werben Kunden!) und dort auf einen Huppendorfer und einen in China arbeitenden Brasilianer, der neben spanisch, englisch, chinesisch auch noch russisch spricht, getroffen – das Hostel hatten wir mit einem Schlag komplett in unsere persönliche WG verwandelt. Wohlfühlfaktor hoch 10!
Mit frisch erworbener Campingmatratze und parasitär eingenistet in ein mir nicht gehörendes Zelt samt Equipment wie Kocher etc. ging’s nun los nach Lystianka. Und von dort auf den Great Baikal Trail.
Bergauf, bergab, abendliche Dusche im gefrierpunktkalten Baikalsee und eine Nacht auf einer schönen Lichtung später erreichen wir am nächsten Tag Bolshiye Koty. Persönliches Highlight: Andrej und sein Banja. Auch noch nachts um 23 Uhr extra für uns.. und Andrej. Der kam nämlich gleich mit. Dieser kleine verschlafene Ort direkt am See, indem alle unglaublich freundlich und hilfsbereit sind. Ich finde: eine Reise wert!
Allerdings ist uns ein echter Anfängerfehler passiert: Nach ungeplanter Hostelübernachtung, Banja und fehlendem ATM – Bargeld alle! Die Fähre zurück konnte man (und das ist das allererste Mal auf diesem Trip) nicht mit Karte bezahlen. Und ausverkauft ist sie auch noch. Volltreffer! Helden am Werk! Doch da war Ekaterina, die uns plötzlich die fehlenden 700 Rubel in die Hand drückt und uns auf die soeben doch noch freien Plätze schiebt. Und so haben wir es doch noch an diesem Tag zurück nach Listwyanka geschafft. Noch 2 Nächte direkt am See. Ganz direkt. Mit Blick auf die Wasserkante im Liegen. Tolle Tage – auch ohne Bär.
Dinge, die ich in Russland gelernt habe
1. Man läuft links. Und das sehr konsequent in und rund um U-Bahn-Gänge. Wenn man es einmal kurz vergessen sollte, wird man sehr schnell von dem entgegenkommenden Bulk daran erinnert.
2. Schriftzeichen lernen eröffnet einem eine ganz neue Welt. Kann man das kyrillische Alphabet ein klein wenig und weiß z.B. dass ein H ein N ist oder ein C ein S, kann man auf einmal Worte erkennen. Der Sinn erschließt sich dann oftmals, da die Worte dann manchmal bekannt oder abzuleiten sind. Z.B. ist Supermarkt gleich Supermarkt, wenn man die Buchstaben kennt. Was ein erhellender Moment.
3. Toilettenpapier kommt in den Eimer. Das war mir tatsächlich neu. Und etwas gewöhnungsbedürftig ist es ehrlich gesagt auch. Das „dran Gewöhnen“ soll sich für mich aber noch lohnen. Wie ich später merke, war das zwar das erste, aber bei weitem nicht das letzte Land mit diesem Habitus.
4. Vier Tage ohne Dusche.. kein Problem. Es lebe Trockenshampoo. Und der Rest ging irgendwie auch. Ein klitzekleines Waschbecken gab es ja. Das soll auch nur die erste Lektion in Sachen Eitelkeit gewesen sein. Ich stelle fest: gar kein Problem für mich. Ich bin bereit für nicht vorhandenen Komfort. Bereit fürs Wild-Camping.
5. Banja muss man gemacht haben. Und zwar eine richtige, urige. Extra heiß, mit Hut und Ausklopfen. Für letzteres wird ein Distelzweig ins Aufgusswasser getaucht und dann… sagen wir: die Muskulatur belebt.
6. Immer ne Hand voll Bargeld in der Büx. Äußerst hilfreich. Vor allem wenn es etwas mehr ist als für ein Butterbrot und ein Wasser und man irgendwo im nirgendwo unterwegs ist. Falls es doch mal knapp wird: Wahnsinn wie schnell jemand einfach so und ohne Garantie, dass er/sie das Geld wiederbekommt einfach, schnell und unkompliziert hilft.
7. Die Russen sind unglaublich freundlich – auf den zweiten Blick. Im ersten Moment wirken sie auf mich oft kühl und distanziert. Stärker kann man sich kaum täuschen! Freundlich, hilfsbereit, einladend, neugierig – das sind sie. Und feiern können sie, die Russen! 😀
Und dann darf ich wieder Zug fahren… und zwar mit der Transmongolischen Eisenbahn nach Ulaanbaatar.